1923–1941

Kindheit und Jugendjahre in Reichenberg

Otfried Preußler erblickt am 20. Oktober 1923 im nordböhmischen Reichenberg, dem heutigen Liberec, das Licht der Welt. Zu seinen Vorfahren im Vorland des Iser- und Riesengebirges zählen neben Glasmachern und Kleinbauern auch ländliche Handwerker, ein paar Kupferstecher und in der weiteren Verwandtschaft zwei Zauberer. Seine Eltern sind beide Lehrer, sein Vater nebenbei Heimatforscher.

Schon von klein auf holt er sich aus der großen Bibliothek der Familie viele Anregungen. Prägend wirken auch die volkstümlichen Geschichtenerzähler, allen voran seine Großmutter Dora, die über einen unerschöpflichen Fundus verfügt.

„Das Geschichtenbuch meiner Großmutter, das es in Wirklichkeit überhaupt nicht gegeben hat, ist das wichtigste aller Bücher für mich, mit denen ich je im Leben Bekanntschaft gemacht habe.“

Aus der böhmischen Heimat schöpft Otfried Preußler seine Erzählstoffe. Als kleiner Junge ist er oft mit seinem Vater unterwegs, der die Sagen des böhmischen Isergebirges zusammenträgt. Mit ihm sitzt er abends beim Schein der Petroleumlampe in den Stuben der Leute, lauscht ihren Geschichten von Zauberern, Raubschützen, Hexen, Wassermännern und Gespenstern.

Preußler wuchs in einer Familie der sudentendeutschen Minderheit in der Tschechoslowakei auf, die ab Mitte der 1930er Jahre dem Nationalsozialismus nahe stand. Er bewarb sich mit 17 Jahren um eine Mitgliedschaft in der NSDAP. Ob der Antrag angenommen und er tatsächlich Mitglied wurde, weiß man nicht.

1942–1954

Krieg, Gefangenschaft und der Neuanfang in Rosenheim

Seine Kindheit und Jugend in einer literarisch und künstlerisch aufgeschlossenen Familie motivieren ihn schon früh kleinere Geschichten und Gedichte zu schreiben, hauptsächlich Sonette und Naturlyrik. Nur die wenigsten sind veröffentlicht, wie z. B. ‚St. Veitsdom in Prag‘.  Als 17-Jähriger verfasst er 1940/1941 das Manuskript 'Erntelager Geyer', einen autobiographisch geprägtes Jugendbuch. Darin wird von den Erlebnissen einer Gruppe von 10- bis 14-jährigen ‚Pimpfen‘ in der Hitlerjugend erzählt, die in den Sommerferien zum Ernteeinsatz aufs Land fahren. 1944, während seines Einsatzes an der Ostfront wird 'Erntelager Geyer'  veröffentlicht. Die näheren Umstände dazu sind nicht bekannt.

Jahrzehnte danach verarbeitet Otfried Preußler seine Jugendzeit im Nationalsozialismus in seinem Werk 'Krabat'

Wie die meisten Angehörigen seines Jahrgangs meldet sich Otfried Preußler 1942 nach seinem Abitur an der Rudolfschule in Reichenberg von der Schulbank weg zum Kriegsdienst. Auch an der Front verfasst er Lyrik. Die Liebesgedichte und Erinnerungen an die Heimat sind unmittelbarer Ausdruck seiner Gefühlswelt. Sie haben keine Bezüge zu Kriegsalltag oder Ideologie.

 

Noch nicht volljährig, gerät der nur Wochen vorher zum Leutnant ernannte Preußler 1944 in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Die nächsten fünf Jahre seines Lebens verbringt er in verschiedenen russischen Lagern in der tatarischen Republik. Auch um zu überleben, schreibt er Gedichte, Geschichten und Theaterstücke, die auf der Lagerbühne aufgeführt werden. Unter anderem ein kritisches Problemstück über eine Himalaya-Expedition: ‚Kang-Chen-Dzönga‘. Hier setzt sich Preußler mit elementaren Fragen von Macht und Verantwortung auseinander.

Was hier im Lager begann, sollte große Teile seines literarischen Schaffens über Jahrzehnte beeinflussen: Die Auseinandersetzung mit seiner Jugend im Dritten Reich, mit Krieg und Gefangeschaft. Gleichzeitig beginnt hier auch sein lebenslanges Plädoyer für grundhumane Werte. 

2022 wurde das Leben des jungen Otfried Preußler umfassend in einer literarischen Spurensuche von Carsten Gansel aufgearbeitet und 2023 in einer Gesamtbiographie von Tilman Spreckeseln thematisiert. 
 
 
Nach der Entlassung aus der Gefangenschaft im Juni 1949 findet er mit viel Glück im oberbayerischen Rosenheim seine vertriebenen Angehörigen und seine Verlobte aus Reichenberg, Annelies Kind, wieder. Noch im selben Jahr feiern sie Hochzeit. Das kirchliche Aufgebot lautet: "Der Spätheimkehrer Otfried Preußler und das Flüchtlingsmädchen Annelies Kind".


Es ist nicht leicht, im Alter von 26 Jahren als Spätheimkehrer aus dem Nichts zu beginnen. Preußler arbeitet als radelnder Lokalreporter, schreibt Artikel für rund ein Dutzend Zeitungen und insbesondere für den Kinderfunk. Allein zwischen 1950 bis 1952 mehr als 150 Beiträge. Daneben verfasst er Geschichten und Erzählungen. Vom Drama verabschiedet er sich 1950 mit dem Stück ‚Mensch 2301‘, das im gleichen Jahr den zweiten Preis im Wettbewerb ‚Junge Dramatiker‘ erhält. Das Stück behandelt einen Vorfall in einem Gefangenenlager, in welchem ein Arzt trotz Verbot durch seinen Vorgesetzten einen Schwerkranken operiert, um sein Leben zu retten. Das Werk geht weit über die Darstellung im Lager hinaus und behandelt grundsätzliche Fragen von Menschlichkeit und Verantwortung unter der Gewalt eines diktatorischen Systems.

Preußler hat keine Zeit zu verlieren! Es folgen neben einer Reihe weiterer Manuskripte, unter anderem die Erzählung vom ‚Spindelmacher‘, die er als Botschaft gegen den Krieg versteht. 

Herkunft, Neigung und praktische Erwägungen veranlassen Otfried Preußler schließlich, den Lehrerberuf zu ergreifen. Nach dem Studium wird er 1954 Volksschullehrer und bleibt bis 1970 im Schuldienst, zuletzt als Rektor an der Grundschule in Stephanskirchen – heute eine der 22 Otfried-Preußler Schulen in Deutschland.

„Was ich von meinen Schulkindern, was ich von Kindern überhaupt lernen konnte, soweit es Geschichten für Kinder betrifft, das glaube ich während meiner Lehrerjahre gelernt zu haben. Es sind Jahre gewesen, in denen auch ich – und zwar unter anderem als Geschichtenerzähler – zur Schule gegangen bin." 
 

Mit seiner Familie lebt er am Rübezahlweg in der Nähe von Rosenheim. 1951 kommt die Tochter Renate, 1953 Tochter Regine und 1958 Tochter Susanne zur Welt.

 

1955-1969

Erfolg und Ideenreichtum

Nach einigen Anläufen gelingt Otfried Preußler 1956 mit 'Der kleine Wassermann' der erste große Erfolg. Die Geschichte vom kleinen Wassermannjungen am Grund des Mühlenweihers wird nicht nur von den Kindern begeistert aufgenommen, sondern auch von der Fachwelt anerkannt. Bereits ein Jahr nach seinem Erscheinen erhält er bei der Vergabe des Deutschen Jugendbuchpreises einen Sonderpreis für sein Erstlingswerk. Mit dem K. Thienemann Verlag in Stuttgart beginnt eine langjährige Partnerschaft.

Viele seiner Kinderbücher entstehen aus dem Alltagsleben mit seinen drei kleinen Töchtern. Um ihre gelegentlichen Einschlafprobleme zu lösen, erzählt er ihnen Geschichten, Geschichten, Geschichten, darunter auch eine Hexengeschichte. Und so entsteht 1957 'Die kleine Hexe', die allen Kindern plausibel darlegt, weshalb man sich vor bösen Hexen nicht mehr zu fürchten braucht.

Die Folgejahre sind von enormer Schaffenskraft gekennzeichnet. Die Liste seiner Veröffentlichungen zeigt die gewaltige Produktivität in diesen Jahren.

„Ich habe die Überzeugung gewonnen, dass Kinder das beste und klügste Publikum sind, das man sich als Geschichtenerzähler nur wünschen kann. Kinder sind strenge, unbestechliche Kritiker."

1962 erscheint 'Der Räuber Hotzenplotz' mit seinen sieben Messern und seiner Pfefferpistole. Otfried Preußler ahnt zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass er zwei Fortsetzungen schreiben wird. Bei diesem Buch nehmen seine kleinen Leser Einfluss auf den Gang der Dinge. Nach dem ersten Hotzenplotzbuch gibt der Autor dem gewaltigen Ansturm von Leserpost nach und schreibt 1969 'Neues vom Räuber Hotzenplotz'. Leider – oder zum Glück – vergisst er darin, den Dackel Wasti, der in der Geschichte in ein Krokodil verwandelt wird, zurückzuverwandeln. Um diesen 'Fehler' zu beheben, schreibt er 1973 nach einem weiteren Berg Leserpost den endgültig letzten Band 'Hotzenplotz 3'. Mit seinem Hotzenplotz greift Otfried Preußler die Tradition der alten Kasperlgeschichten wieder auf und bringt folgerichtig sein erzähltes Kasperltheater auch ins Kindertheater.

Während Hexe und Hotzenplotz die deutschsprachigen Kinderbühnen erobern und dort bald zu den meistgespielten Stücken gehören, formt Otfried Preußler 1966 einen neuen Hauptdarsteller: 'Das kleine Gespenst'. Auch dieses sympathische Geschöpf auf Burg Eulenstein passt bestens in die kindliche Phantasie- und Vorstellungswelt und erobert die Herzen im Sturm.

Zu der Glaubwürdigkeit in Bezug auf seine phantastischen Geschichten schreibt Preußler: 

„Ich für meine Person bin davon überzeugt, dass ich glaubhaft nur dann von etwas erzählen kann, wenn ich im Augenblick des Erzählens fest daran glaube. Schreibe ich beispielsweise vom Wassermann, dann muss ich ihn leibhaftig vor mir haben, dann muss ich von seiner realen Existenz überzeugt sein.“ (1985)

Zudem betätigt sich Otfried Preußler als einer der ersten deutschen Kinderbuchautoren nach dem zweiten Weltkrieg im Zeichen der Völkerverständigung als ‚Brückenbauer‘. Er baut nicht nur intensive Kontakte und Freundschaften zu osteuropäischen Kolleginnen und Kollegen auf, sondern arbeitet auch  als Übersetzer.

1962 veröffentlicht Otfried Preußler seine Interpretation von 'Kocour Mikes' des tschechischen Autors Josef Lada. Die Verleihung des Deutschen Jugendbuchpreises für Preußlers 'Kater Mikesch' betont die Eigenständigkeit dieser Arbeit, die wesentlich mehr eine Neuerzählung als eine Übersetzung ist. 1964 bringt die Augsburger Puppenkiste die Abenteuer des sprechenden Katers aus Holleschitz auf die Marionettenbühne und dann ins Fernsehen. Damit wird zum ersten Mal eine Geschichte des Autors verfilmt.

Mit den Schildbürgerstreichen 'Bei uns in Schilda' 1958, über die der Augenzeuge und Stadtschreiber Jeremias Punktum berichtet, greift Otfried Preußler erstmals einen überlieferten deutschen Stoff auf und gestaltet ihn auf seine Weise neu.

Figuren und Motive russischer und ukrainischer Märchen finden ihren Niederschlag in dem 1966 erschienenen Buch 'Die Abenteuer des starken Wanja' sowie in dem Bühnenstück 'Der goldene Brunnen', 1975.

 

1970 - 1979

Das Jugendbuch

Seit den 1970er Jahren tritt Otfried Preußler auch als Autor von Jugend- und Erwachsenenromanen an die Öffentlichkeit. Sein 1971 erschienener Roman um den sorbischen Zauberlehrling 'Krabat' wird zu einem seiner wichtigsten Werke.

Er greift darin einen Stoff aus dem Sagenkreis der Lausitzer Wenden auf, den er bereits in seiner Kindheit kennengelernt hatte.  Zehn Jahre liegen zwischen den ersten Überlegungen und dem Erscheinen des Buches. Krabat ist Preußlers literarische Auseinandersetzung und Aufarbeitung seiner Jugend im Dritten Reich. 

„Mein 'Krabat' ist keine Geschichte, die sich nur an junge Leute wendet, und keine Geschichte für ein ausschließlich erwachsenes Publikum. Es ist die Geschichte eines jungen Menschen, der sich mit finsteren Mächten einlässt, von denen er fasziniert ist, bis er erkennt, worauf er sich da eingelassen hat. Es ist zugleich meine Geschichte, die Geschichte meiner Generation, und es ist die Geschichte aller jungen Leute, die mit der Macht und ihren Verlockungen in Berührung kommen und sich darin verstricken."

Für  den Roman 'Krabat', der in 37 Sprachen übersetzt wurde, erhält Otfried Preußler zahlreiche internationale Auszeichnungen:

Deutscher Jugendbuchpreis 1972
Polnischer Jugendbuchpreis 1972
Europäischer Jugendbuchpreis 1973
Silberner Griffel von Rotterdam 1973
Notable Book of 1973 – American Library Association
Jugendbuchpreis des polnischen Verlegerverbandes 1977
 

1976 war Otfried Preußler an der Gründung der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur maßgeblich beteiligt. 

In 'Die Flucht nach Ägypten - Königlich böhmischer Teil' wendet sich Otfried Preußler 1978 erstmals einem erwachsenen Publikum zu. Mit barocker Fabulierfreude lässt er die Flucht der Heiligen Familie durch seine böhmische Heimat führen.

1976 wird in Dillenburg die erste Schule nach ihm benannt. Weitere Otfried-Preußler-Schulen folgen, heute sind es insgesamt 22 Otfried-Preußler-Schulen.

Im heilpädagogischen Bereich, insbesondere bei verhaltensgestörten, sprech- und hörgeschädigten Kindern, werden seine Geschichten und Figuren mit großem Erfolg eingesetzt. Psychologinnen und Heilpädagogen nutzen die spielerischen Möglichkeiten der Erzählungen auch in ihrer therapeutischen Arbeit mit Erwachsenen.

1980 - 1989

Das Spätwerk

Mit der Weihnachtsgeschichte 'Der Engel mit der Pudelmütze' 1985 und 'Herr Klingsor konnte ein bisschen zaubern' 1987 siedelt Otfried Preußler weitere Geschichten nun ganz bewusst in seiner böhmischen Kinderheimat an.

Auch seine Hutzelmanngeschichten 'Hörbe mit dem großen Hut' 1981 sowie 'Hörbe und sein Freund Zwottel' 1983 spielen in den Wäldern seiner Kindheit. Dort haben die Figuren für ihn erstmals Gestalt angenommen und sich so klar eingeprägt, dass er Jahrzehnte später diese Geschichten selbst illustriert.

Für die meisten seiner Kinderbücher schreibt Otfried Preußler auch die Bühnen- und Hörspielfassungen. Seit 1978 arbeitet Otfried Preußler mit dem Verlag für Kindertheater in Hamburg zusammen.

In diesen Jahren kommen mehrere seiner Figuren auch auf die Leinwand. Mit Gert Fröbe als Hotzenplotz und Josef Meinrad als Zwackelmann werden die Räubergeschichten zum ersten Mal verfilmt. 'Die kleine Hexe' und 'Das kleine Gespenst' werden als Trickfiguren zum Leben erweckt.

Auch der Schallplatten- und Tonkassettenbereich ist im stetigen Wachstum begriffen, schon bald erhält Otfried Preußler die ersten goldenen Schallplatten.

Zum 60. Geburtstag 1983 sind 'Die kleine Hexe', 'Der kleine Wassermann' und 'Das kleine Gespenst' bereits 2,5 Millionen Mal in Deutschland verkauft und in 26 Sprachen übersetzt.

„Wer für Kinder schreibt, übt den Beruf des Schriftstellers unter erschwerten Bedingungen aus, und dies freiwillig. Die Regeln sind streng. Das geht von der Notwendigkeit, überschaubare Sätze zu bauen, bis hin zu den Besonderheiten des verfügbaren Vokabulars. Wer für Erwachsene schreibt, schreibt ausschließlich für Erwachsene. Wer für Kinder schreibt, schreibt automatisch für Erwachsene mit."

Ab den 1980er Jahren schreibt Preußler an seinen Erinnerungen zu Krieg und Gefangenschaft. Die Manuskripte 'Besserabischer Sommer' und 'Verlorene Jahre?' werden aber nicht veröffentlicht. Für ihn sind die Textfragmente gleichzeitig Traumabewältigung seiner frühen Jahre.

Einen beträchtlichen Teil seiner Zeit widmet Otfried Preußler dem ständig zunehmenden Briefwechsel mit Kindern aus aller Welt, wobei er die Pflege dieser Partnerschaft als einen nicht unwesentlichen Teil seiner Lebensaufgabe betrachtet. Über 10.000 Kinderbriefe und selbstgefertigte Basteleien befinden sich inzwischen in seinem Archiv. Die Briefe kommen aus aller Welt in den Rübezahlweg, von Brasilien bis Japan, von Kanada bis Südafrika.

Als Erklärung, warum seine Märchengestalten kleine Leser so kulturübergreifend faszinieren, hat Otfried Preußler eine eigene Theorie:      

„Alle Kinder haben eine magische Phase, in der sie sich sehr ähnlich sind, ganz egal, wo sie leben. Menschenkinder, wohl bemerkt... Kleine, noch bildsame menschliche Wesen in der Startphase ihres Lebens. Neugierig auf die Welt. Voller Optimismus und Zutrauen in das Leben, das vor ihnen liegt. Noch sind sie im Vollbesitz jener magischen Kräfte der Phantasie, der zauberischen Durchdringung der Welt und ihrer Geheimnisse, wie sie der Menschheit auf einer frühen, vermutlich glücklicheren Stufe ihrer Entwicklung verfügbar gewesen sind, vor dem Sündenfall in den Rationalismus."

Auch Texte für Bilderbücher, die durch Kürze und Prägnanz gekennzeichnet sind und die die Illustrationen in den Mittelpunkt stellen, schreibt Otfried Preußler.

Den größten Bekanntheitsgrad erreicht die von Herbert Lentz 1972 illustrierte 'Die dumme Augustine'. Diese lustig freche Clownfamilien-Geschichte um die Gleichberechtigung der Geschlechter wird nicht nur zum erfolgreichen Bühnenstück, sondern 1993 verfilmt und mit dem Bayerischen Kinderfilmpreis ausgezeichnet.

 

1990 - 2013

Otfried Preußler betätigt sich auch im sozialen Bereich. Seit den 70er Jahren engagiert er sich für die Orthopädische Kinderklinik Aschau, für ihn eine Herzensangelegenheit, der er viel Zeit und Energie widmet. 

Die von ihm 1992 gegründete gemeinnützige Vereinigung Hilfswerk für die Orthopädische Kinderklinik Aschau hat es sich zur Aufgabe gemacht, kleine Patienten und deren Familien in Notfällen zu unterstützen.

Speziell behinderte oder verwundete Kinder aus den Krisengebieten der Welt werden dort behandelt, obgleich für sie oft kein ausreichender Versicherungsschutz besteht. Unter anderem auch zur Schließung solcher finanzieller Lücken trägt das  Hilfswerk für die Orthopädische Kinderklinik Aschau bei. Ab 1993 tritt er als Vorsitzender des Fördervereins auf, um für die Belange der orthopädischen Kinderklinik Aufmerksamkeit zu schaffen, und engagiert sich auch finanziell sehr stark. Seit 2017 finden jährliche Otfried-Preußler-Gedächtnislesungen in der Klinik statt. 

Als passionierter Pädagoge ist es ihm ein Anliegen, seinen literarischen Zugang – seinen Blick auf Kindheit – auch in der Fachwelt zu positionieren. Er beteiligt sich mit Diskussionsbeiträgen zu Themen wie „Recht auf Kindheit“ oder „kindliche Fantasie“. Die praktischen Erfahrungen seiner heilenden Geschichten versuchte er so auch theoretisch fassbar zu machen. 

Auch jetzt entstehen einige Buchprojekte,  bei denen er wie früher auf überlieferte Stoffe zurückgreift, die er bearbeitet. Es entstehen 1988 das Sagenbuch 'Zwölfe hat's geschlagen'- und 1993 'Mein Rübezahl Buch' .

In der 'Glocke von Weihenstetten' erzählt er 1995 eine oberbayerische Dorfgeschichte aus dem Zweiten Weltkrieg.

Gemeinsam mit seiner Tochter Regine Stigloher bringt er 1998 'Eins, zwei, drei im Bärenschritt' heraus, eine Sammlung mit 123 meist mündlich überlieferten Reimen und Versen, die Lustiges, Tröstendes und Heiteres zu jeder Alltagssituation enthalten.

Mit seinem Freund Heinrich Pleticha veröffentlicht er 2000 die kommentierte Anthologie 'Das große Balladenbuch'.

Im Herbst 2004 erscheint 'Brot für Myra' - die Legende vom heiligen Nikolaus mit stimmungsvollen Bildern von Ursula Kirchberg.

Im Frühling 2011 erwacht der kleine Wassermann aus seinem Winterschlaf. Zusammen mit seiner Tochter Regine Stigloher erzählt Otfried Preußler in der Bilderbuchgeschichte 'Frühling im Mühlenweiher' von neuen Abenteuern des kleinen Wassermanns, die von Daniel Napp liebevoll und detailreich illustriert sind. 2013 folgt mit 'Sommerfest im Mühlenweiher' eine weitere lustige Bilderbuchgeschichte aus dem Leben des kleinen Wassermanns. Der Bogen schließt sich mit einer Geschichte vom 'Herbst im Mühlenweiher'.

Im Herbst 2011 erscheint 'Winterzeit, tief verschneit' - ein Vorlesebuch für Otfried Preußlers schönste Zeit des Jahres.

Für sein Gesamtwerk und in Würdigung seiner literarischen Verdienste wird er mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, neben vielen anderen mit:

 Eichendorff-Literaturpreis 1990
 Ernennung zum Titularprofessor 1991
 Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse 1993
 Verleihung des Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst 2010
 Verleihung des Maximiliansordens, 2010

Zu seinen liebsten Auszeichnungen allerdings gehört der Goldene Marmeladendeckel der Lese-Raben, einer Kindergruppe aus dem oberbayerischen Brannenburg.

Bereits zu Lebzeiten vermacht Otfried Preußler seinen schriftstellerischen Nachlass der Berliner Staatsbibliothek. Somit ergänzt der Preußlersche Kulturbesitz aus Stephanskirchen nun den Preußischen Kulturbesitz in Berlin.

 

Nach einem erfüllten Leben ist Otfried Preußler am 18. Februar 2013 im Kreis seiner Familie für immer eingeschlafen. In seinen Figuren und Geschichten lebt er weiter. 

 

        „Seien Sie gut zu den Kindern - wir haben nichts Besseres!"
           Otfried Preußler